Wir über uns

Die Initiativgruppe „Ökumenisches Teilen – Solidarischer Lohn“ -
Geschichte und Zielsetzung

Die Initiativgruppe „Ökumenisches Teilen – Solidarischer Lohn“ besteht innerhalb der badischen Landeskirche seit Mitte der achtziger Jahre. Zu ihr gehören derzeit evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer, katholische Pfarrer, Mitglieder der evangelischen und der katholischen Kirche - in der Mehrzahl aber Pfarrerinnen und Pfarrer der evangelischen Landeskirche in Baden. Anlass zur Gründung der Gruppe war die nachhaltige und biblisch-theologisch begründete Irritation über die Kluft zwischen Reichen und Armen weltweit und auch über das Besoldungsgefälle innerhalb unserer Kirchen hier im reichen Norden. Alle Mitglieder der Initiativgruppe waren und sind in Aktionen gegen das Reichtum-Armuts-Gefälle weltweit engagiert: Die Wahrnehmung desselben Gefälles in der eigenen Kirche war für viele damals relativ neu.

Intensive Diskussionen landeten immer wieder bei der Kritik der aus Staat und Gesellschaft übernommenen hierarchischen Besoldungsordnungen und vor allem der Tatsache, dass sich die Schere zwischen Oben und Unten immer mehr öffnete.
Eine erste Abhilfe versprach man sich von der Einführung eines einheitlichen Dienstrechtes, das nicht mehr nach Beamten, Angestellten und Arbeitern unterscheiden sollte. Eine entsprechende Eingabe an die Landessynode der Evang. Landeskirche in Baden wurde aber nach einem langen Beratungsprozess (1991-1994) definitiv abgelehnt: „Das Ziel eines einheitlichen Dienstrechts für alle kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird nicht weiter verfolgt.“ Und in der Begründung der zuständigen Kommission: „Die Beratungen haben ergeben, dass keine der möglichen Anstellungsformen der Kirche mehr oder weniger Glaubwürdigkeit verschafft. Eine eigenständige kirchliche Anstellungsregelung würde erhebliche zusätzliche Verwaltungskosten mit sich bringen [...]. Eine Volkskirche ist an bestimmte Besoldungsstrukturen gebunden [...]. Was einzelne MitarbeiterInnen freiwillig tun, kann nicht per Gesetz allen aufgezwungen werden“ (Verhandlungen der Landessynode 7, Herbst 1993, S.23).

Die Initiative konnte mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein und arbeitete weiter.

Einerseits forcierten die Mitglieder der Gruppe ihr Ziel, zunächst 5%, dann 7% und in der Zielsetzung einmal 10% ihres Nettogehaltes für Projekte zur Verfügung zu stellen, die einen Beitrag sowohl für die Herstellung struktureller innerkirchlicher als auch weltweiter Gerechtigkeit leisten. Zwischen 50.000,-- und 60.000,-- DM konnten Jahr für Jahr zur Unterstützung der „Werkstatt Ökonomie“, der Bewegung „Kairos Europa“, des von der Kirchengemeinde Mannheim initiierten „Armut-Reichtum-Projektes“ und an andere Initiativen vergeben werden.
Bewusst wurden nicht direkt sog. Dritte-Welt-Projekte gefördert, sondern Bewegungen, welche die Verarmungsmechanismen studieren und transparent machen – daran mangelt es nach Meinung der Initiative nach wie vor.

Auf der anderen Seite wurden immer wieder Maßnahmen in der badischen Landeskirche teils initiiert, beantragt oder unterstützt, welche zur Begrenzung der oberen Gehälter führen sollten und geführt haben.
Die Höhergruppierung der Pfarrerinnen und Pfarrer wurde vom 41. auf das 49. Lebensjahr, die Höhergruppierung der Dekane nach A15 ebenfalls auf das 49. Lebensjahr und die Höhergruppierung nach A16 auf das 52. Lebensjahr verschoben. Ferner hat die Landessynode im Frühjahr 1999 Veränderungen bei den B-Gehältern und auch die Reduzierung von Familienkomponenten im Einkommen bei gleichzeitiger Berufstätigkeit des Ehepartners ins Auge gefasst. Dass diese Maßnahmen vor allem dazu dienten, weitere Stellenstreichungen zu vermeiden und den landeskirchlichen Haushalt zu sanieren, ist natürlich unverkennbar. Immerhin tragen sie aber doch dazu bei, die Spreizung des kirchlichen Gehaltsgefüges etwas zu dämpfen.
Mit einer Aktion war die Initiative erfolgreich: Im Frühjahr 1998 hat die Landessynode das Gehaltsverzichtsverbot aufgehoben und ermöglicht jedem in der Kirche Beschäftigten, auf Gehaltsanteile vor Steuer zu verzichten, was bis dahin nicht möglich war. Immerhin ist damit ein biblisch empfohlenes Motiv (Besitzverzicht) wenigstens möglich.

Natürlich hat die Initiative auch alle Möglichkeiten der freiwilligen Gehaltsbegrenzung begrüßt: Stellenteilung, Sabbaturlaub, Teildienstverhältnisse, Beurlaubungen ohne Bezüge, Senior-Junior-Modell, Vorruhestandsregelungen sowie die Aktion „Kirchlicher Bruderdienst“, „Evangelische Partnerhilfe Osteuropa“ und „Mitarbeiter helfen Mitarbeitern“.

Indessen konnten all diese Maßnahmen die Frage nach mehr Gerechtigkeit und Solidarität unter den Beschäftigten der Landeskirche nicht zum Verstummen bringen. Vor allem auch deshalb, weil den Begrenzungen der Gehälter „oben“ praktisch keine Verbesserungen der Gehälter „unten“ folgen konnten. 

Im Jahr 1999 fand in der Initiative ein Grundsatzgespräch über die weitere Arbeit statt. Ergebnis war: Wir machen weiter, damit die Frage nicht unter den Sparzwängen und anderen Orientierungen untergeht. Unsere Selbstbesteuerung hat ja im Sinne unserer Zielsetzung „Ökumenisch teilen“ durchaus „Erfolg“ gehabt. Die von uns unterstützten Organisationen konnten auch mit unserer Hilfe ihre Arbeit fortsetzen, und die von der „Werkstatt Ökonomie“ erarbeiteten Studien und Aktionen gegen ausbeuterische Kinderarbeit waren und sind wichtig – um nur ein Beispiel zu nennen.

In der Folgezeit gab die Initiative im Jahr 2001 eine von der Werkstatt Ökonomie erstellten empirische Studie zum Thema "Solidarischer Lohn in der Kirche" heraus, um mehr Einblick in die Reichtum-Armut-Situation der Beschäftigten der Landeskirche und der Kirchengemeinden zu erhalten.

Mit dem Ziel, solche Überlegungen über den Kreis der in der Kirche Beschäftigten auf alle Gemeindeglieder auszudehnen, wandte sie sich im Jahr 2007 der Idee einer Selbstverpflichtung zu Steuergerechtigkeit im Sinne der "Amos-Tora-Steuer" und der Gründung einer Zachäus-Stiftung zu.

Vincenzo Petracca und Gerhard Liedke